Der Fall Stephan Kohn: Schuld ist der Überbringer der schlechten Nachricht

Stephan Kohn war bis Mai 2020 als Oberregierungsrat im BMI tätig. Sein Tätigkeitsbereich war die Abteilung KM, Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz, genauer das Referat KM 4 Schutz kritischer Infrastrukturen, in welchem er als Dienstältester Referent tätig war. Die Abteilung übt u.a. die Aufsicht über das THW und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aus (BBK).

Nachdem Stephan Kohn am 08.05.2020 den Auswertungsbericht „Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen, Ergebnisse der internen Evaluation des Corona Krisenmanagements“ als Vorabbericht und Gesprächsgrundlage an Beamte in leitender Funktion und Politiker versandte, wurde ihm die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Seine Absicht war die Verantwortlichen zu warnen, zu informieren. Andere Versuche zuvor blieben erfolglos.

Das Verwaltungsgericht Berlin fällte am 16.03.2022 das folgende Urteil: Der Beamte Kohn wird aus dem Dienst entfernt, das Beamtenverhältnis aufgelöst. Eigentlich steht die Gewaltenteilung vor Gericht. Legislative, Exekutive und Judikative müssen unabhängig voneinander über gegenseitige Kontrolle funktionieren. Stephan Kohn hat seine Kontrollfunktion wahrgenommen. Er hat nach bestem Wissen und Gewissen seine ihm zugeteilte Arbeit gemacht. Mit unangenehmem Ergebnis für die Exekutive und die Legislative: Die beschlossenen Maßnahmen richten weit mehr Schaden an als sie verhindern. Damit waren sie unverhältnismäßig und nicht rechtmäßig.

Sein Bericht wurde geleakt, erreichte die Öffentlichkeit, nachdem er intern nicht beachtet wurde. Hier wird über weit mehr entschieden als über das Schicksal des Stephan Kohn. Funktioniert unser demokratisches Kontrollsystem, die Gewaltenteilung, tatsächlich noch oder unterstützen sich die Gewalten gegenseitig bei der Aufrechterhaltung dieser „Ausnahmeregelungen“.

Zum Schluss noch etwas zum Nachgrübeln: Der Inhalt und die Qualität des Berichtes stehen offenbar nicht zur Diskussion. Lag er womöglich richtig mit seiner Analyse?