Wenn die Polizisten beginnen, sich auf ihren Eid zu berufen…
(Anmerkung: Beim nachfolgenden Beitrag handelt es sich um die Meinung eines Mitglieds von Polizisten für Aufklärung e. V.)
Es beginnt im Prinzip mit einem Schwur.
„Ich schwöre, dass ich das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Hessen, sowie alle in Hessen geltenden Gesetze wahren und meine Pflichten gewissenhaft und unparteiisch erfüllen werde, so wahr mir Gott helfe.“
Diesen Eid leistet ein hessischer Polizeikommissar-Anwärter schon lange, bevor er sein Studium beendet hat und zum Polizeikommissar ernannt wird. Natürlich leisten alle Polizeibeamten der verschiedenen Bundesländer und der Bundespolizei sinngemäß denselben Eid.
Der erste und wichtigste Artikel unseres Grundgesetzes lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jeder Polizist weiß das und die große Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls.
Doch warum verletzen sich dann seit zwei Jahren die Menschen in Deutschland gegenseitig in ihrer Würde und warum behandeln Polizisten die Menschen immer öfter ohne Rücksicht auf deren Würde? Wenn mir eine Maskenpflicht auferlegt wird, die meiner Überzeugung nach völlig unsinnig ist, verletzt dies nicht meine Würde als Mensch? Wenn mir als gesunder Mensch ein Test abverlangt wird, um meinen Dienst versehen oder meiner Arbeit nachgehen zu dürfen, wird dadurch nicht meine Würde angetastet? Wenn man mich zu einer medizinischen Behandlung verleitet, nötigt oder sogar verpflichtet, ist das kein Eingriff in meine Würde?
Gut möglich, dass unser Bundesverfassungsgericht unter der Führung des derzeitigen Präsidenten all diese Fragen mit „nein“ beantwortet. Was lediglich beweisen würde, dass es sich unseres Vertrauens endgültig als unwürdig erwiesen hätte.
Was ist Würde? Und woran erkennt man, dass man in seiner Würde als Mensch verletzt wird?
Die juristischen Definitionen sind für Bürgerinnen und Bürger, mit und ohne Uniform, gleichermaßen schwer verständlich. Die „Erniedrigung zum Objekt eines beliebigen Verhaltens“ wäre beispielsweise ein Teil dieser Definition. Ruft man sich die immer wieder veränderten Verordnungen der letzten beiden Jahre ins Gedächtnis, stellt man fest, dass diese regelmäßig alle Menschen in Deutschland zum Objekt des beliebigen staatlichen Verhaltens erniedrigt haben.
Weitaus verständlicher wird der Begriff der Würde, wenn man ihn mit dem gesunden Menschenverstand beschreibt. Und dies tun in aller Regel alle aufrechten Menschen instinktiv, nämlich indem sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen. Auch jeder Polizist kennt das. Viele Entscheidungen im Dienst trifft man aus dem Bauch heraus. Schon allein, weil man selten die Zeit für eine umfassende rechtliche Beurteilung hat. Und in den allermeisten Fällen sind diese Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ auch in rechtlicher Hinsicht richtig.
Noch deutlicher spürt man durch sein Bauchgefühl, wenn man sich selbst in seiner Würde als Mensch verletzt fühlt. Dieses Gefühl haben leider sehr viele Menschen innerhalb der letzten zwei Jahre erfahren müssen. Und zwar nicht nur Menschen aus der allgemeinen Bevölkerung, sondern auch und insbesondere Polizistinnen und Polizisten.
Wenn ich beim Betreten des Supermarkts damit konfrontiert werde, dass ich keine Maske trage, spüre ich den Eingriff in meine Würde. Wenn ich während einer Ausgangssperre meine Tochter im Nachbarort bei ihrem Freund abhole und Angst habe kontrolliert zu werden, spüre ich den Eingriff in meine Würde. Wenn man mir anordnet, dass ich an der frischen Luft eine Maske tragen muss, spüre ich den Eingriff in meine Würde. Wenn man mir anordnet bei einer Versammlung den Abstand zwischen den Menschen mit einem Zollstock zu messen, spüre ich den Eingriff in meine Würde.
Aber wenn doch alle Polizisten geschworen haben, das Grundgesetz zu wahren, warum lassen sie dann all diese Eingriffe in die Würde zu?
Um diese Frage zumindest im Ansatz beantworten zu können, muss man möglicherweise selbst Polizist sein…
Einer der Gründe ist sicherlich die hierarchische Struktur. Denn wenn der Vorgesetzte sagt: „Das ist kein Eingriff in die Menschenwürde“, ist die Diskussion beendet. Und selbst wenn alle Polizisten innerhalb der Hierarchie diese Grundrechtsverletzung erkennen würden, endet die Diskussion beim Innenminister, der sagt: „Das ist kein Eingriff in die Menschenwürde“. Dasselbe strukturelle Problem existiert übrigens innerhalb unserer Justiz, unserer Verwaltungen, im Bildungswesen, in den Krankenhäusern und in vielen weiteren Bereichen.
Nun kritisieren viele Menschen die Polizisten und sagen: „Ihr müsst remonstrieren! Dazu seid ihr verpflichtet!“ Das stimmt natürlich im Prinzip auch. Aber was bedeutet das? Eine polizeiliche Maßnahme, die in die Würde eines Menschen eingreift, ist natürlich immer rechtswidrig. Sobald ein Polizist dies erkennt, ist er verpflichtet, zu remonstrieren. D. h. er muss seinen Vorgesetzten darauf hinweisen. Ordnet dieser dennoch die Maßnahme an, weil er keinen Eingriff in die Würde erkennt, kann der betroffene Polizist zum nächst höheren Vorgesetzen gehen und dort remonstrieren. Ordnet auch dieser die Maßnahme an muss der Polizist die Maßnahme durchführen, es sei denn, er würde damit eine Straftat begehen. Zunächst einmal ist es selbstverständlich, dass eine Remonstration den Mut erfordert, einem Vorgesetzten zu widersprechen. Und sofern der Polizist mit der Durchführung der Maßnahme keine Straftat begehen muss, bewirkt eine Remonstration im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Corona-Maßnahmen lediglich, dass man bei seinen Vorgesetzten in Ungnade fällt.
Viele maßnahmenkritische Menschen haben dennoch kein Verständnis für die Polizisten. „Dann müssen sie eben kündigen!“. Nun muss man verstehen, dass der gemeine Polizist in dem Glauben gelassen wird, dass er nichts anderes kann, als Polizist zu sein. Denn trotz eines abgeschlossenen Studiums weiß er, dass dieser Abschluss „draußen“ (also außerhalb der Polizei) nichts wert ist. Die große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen hat allerdings finanzielle Verpflichtungen. Viele haben hohe Darlehen für Häuser aufgenommen, die sie zurückzahlen müssen. Einer der großen Vorteile des Polizeiberufes ist die damit verbundene finanzielle Absicherung seitens des Dienstherrn im Rahmen des Alimentationsprinzips.
Aber was ist nun mit dem Eid? Bedeutet dieser den Polizisten denn gar nichts? Und mit welchen Konsequenzen muss eigentlich ein Polizist rechnen, wenn er sich nicht an diesen Eid hält?
Die letzte Frage ist leicht zu beantworten: Soweit mir bekannt, bringt eine Missachtung des Eides keinerlei direkte Konsequenzen mit sich. Selbst wenn ein Polizist straffällig wird und sich damit ja ganz offensichtlich nicht an seinen Eid hält, wird er zwar strafrechtlich belangt. Darüber hinaus drohen auch dienstrechtliche Konsequenzen. Allerdings resultieren diese nicht konkret aus der Missachtung des Eides, sondern aus Verstößen gegen andere dienstrechtliche Pflichten, wie z. B. der Pflicht zur „vollen Hingabe zum Beruf“ oder der „Wohlverhaltenspflicht“.
Was ist mit der Frage nach der Bedeutung des Schwures für die Polizisten? Ich persönlich gehe davon aus, dass so gut wie jeder Polizist seinen Eid mit aufrechter Gesinnung leistet. In einer funktionierenden Demokratie ist es im Grunde auch selbstverständlich für einen Polizisten, diesen Eid zu erfüllen. Man leistet bloß Dienst nach Vorschrift und das war‘s.
In der aktuellen Situation bedeutet aber das Erfüllen des geleisteten Schwures den potentiellen finanziellen und damit quasi existentiellen Ruin. Ich bin mir sicher, davon ist der überwiegende Teil meiner Kolleginnen und Kollegen überzeugt. Und natürlich ist den Behörden sehr daran gelegen, euch in diesem Glauben zu lassen. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass dies ein Irrtum ist. Und genau darin liegt der Ausweg.
Denn was ist nun mit dem Eid? Der Eid ist nämlich nicht nur eine Verpflichtung. Er ist genauso ein Schutzschild. Je mehr ich dies erkannte, desto mehr konnte ich mich hinter dieses Schutzschild stellen. Und durch diesen Schutz kann ich ohne Schaden meinen Eid erfüllen.
Natürlich wirft mir meine Behörde viele Verstöße gegen dienstliche Pflichten vor. Diese betreffen die Wohlverhaltenspflicht, denn ich hätte das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei beschädigt. Sie betreffen die Pflicht zur politischen Neutralität, die ich aufgrund meiner Kritik an den Maßnahmen der Regierung missachtet hätte, denn ich prangerte die fehlende Verhältnismäßigkeit an. Sie betreffen die Pflicht zur Gesunderhaltung, denn ich würde meine Kollegen gefährden, da ich an Versammlungen teilnehme und keine Maske trage. Doch all diese Vorwürfe prallen ab an dem Schutzschild, den der Eid darstellt. Niemals kann mich die Behörde dazu zwingen, gegen diesen zu handeln.
Natürlich gibt es angenehmere Dinge, als sich mit einem Disziplinarverfahren auseinander zu setzen. Allerdings tut es nicht weh und man lernt viel dazu. Wenn der einzige vorgeworfene Verstoß darin besteht, die Durchsetzung von Maßnahmen zu verweigern, aufgrund ungerechtfertigter Eingriffe in die Würde der Bürgerinnen und Bürger oder in die eigene Würde (Stichwort: Zollstock), dürfte es auch schwierig sein, eine Disziplinarstrafe durchzusetzen.
Ich weiß, viele Kolleginnen und Kollegen haben Angst. Einige fürchten sich, tatsächlich schwer zu erkranken. Vielmehr aber fürchten sie sich vor der Auseinandersetzung, wollen den Aufwand nicht betreiben, die Kraft nicht aufwenden. Sie fürchten sich davor, was passiert, wenn man dabei nicht mehr mitmacht. Und wer möchte nicht einfach in Ruhe gelassen werden, seiner Arbeit nachgehen und sein Leben genießen? Euer Verhalten ist nur allzu verständlich für mich.
Umso eindringlicher muss ich euch dazu auffordern, euch euren Schwur ins Gedächtnis zu rufen. Lest ihn noch einmal und fragt euch, ob ihr ihn in der gegenwärtigen Situation erfüllen könnt. Vollkommen unabhängig davon, für wie gefährlich ihr Corona haltet. Vollkommen unabhängig davon, ob ihr es sinnvoll findet, euch mit dem genbasierten Impfstoff regelmäßig behandeln zu lassen. Hier eine fundierte Bewertung abzugeben, dafür wurden wir nicht ausgebildet. Aber die Verhältnismäßigkeit unserer Maßnahmen zu prüfen, das können wir. Das müssen wir.
Und solltet ihr wie ich erkannt haben, dass die im Rahmen der Corona Krise beschlossenen und getroffenen Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt die Gesundheit der Bevölkerung positiv beeinflusst haben, aber dafür viele unserer wichtigsten verfassungsmäßigen Rechte auf eine Art und Weise beschnitten haben, die uns zwangsläufig an dunkelste Zeiten erinnert, dann erfüllt euren Eid und hört auf, ein Teil davon zu sein. Ich verspreche euch, ihr werdet nicht alleine sein. Und ihr werdet innerhalb dieser Gemeinschaft schnell erkennen, dass eure Entscheidung die einzig richtige war.
Denn am Ende wird alles gut. Und wenn noch nicht alles gut ist, ist es nicht das Ende.